Die beste Zeit für Ihren Spaziergang

Wenn Sie nur einen Spaziergang pro Tag machen, dann am besten gleich morgens. Weil Licht der wichtigste Zeitmesser für jede Zelle in unserem Körper ist. Wenn wir innerhalb einer Stunde nach dem Aufwachen eine Lichtinjektion erhalten, kann sich jede Zelle und jedes Neuron entsprechend einstellen.

Die beste Zeit für Ihren Spaziergang
Foto von Andrea Piacquadio von Pexels

Wir brauchen nicht stundenlanges Licht - ein 10-minütiger Spaziergang reicht aus. Auch von schlechtem Wetter sollten wir uns nicht abschrecken lassen, denn selbst trübes und bewölktes Tageslicht enthält viel mehr Lux (das Maß für die Lichtintensität oder Helligkeit) als die Innenraumbeleuchtung bieten kann.

Unsere Lichtempfindlichkeit ist am geringsten, wenn wir zum ersten Mal aufwachen, d. h. wir brauchen ein helles Licht, um unser Gehirn zu wecken und unseren Tagesrhythmus einzustellen. Zahlreiche Studien haben gezeigt, dass die Art und Weise, wie wir die erste Stunde nach dem Aufwachen verbringen, über unsere Chancen auf einen erholsamen Schlaf entscheiden kann. Das Morgenlicht teilt der Neuronenschicht hinter unseren Augen mit, dass es Zeit ist, sich auf den Weg zu machen und sorgt dafür, dass die Produktion von Melatonin (dem Hormon, das uns schläfrig macht und uns nachts beim Einschlafen hilft) nachlässt. Ein Zuviel von Morgenlicht schickt auch Cortisol durch unseren Körper - es weckt uns auf, gibt uns Energie und macht uns munter. Idealerweise sollten einige Minuten unseres Morgenspaziergangs ohne Sonnenbrille stattfinden, es sei denn, die Sonne blendet schon.

 

Das morgendliche Licht regt unseren Körper auch zur Bildung von Serotonin an, einem chemischen Stoff, der von unseren Nervenzellen produziert wird und uns ein gutes Gefühl gibt. Serotonin regelt, wie gut wir schlafen und wird später in das Melatonin umgewandelt, das wir für einen gesunden Schlaf benötigen. So seltsam es auch klingen mag, aber ein Spaziergang am frühen Morgen könnte das Beste sein, was wir tun können, um unseren nächtlichen Schlaf zu verbessern.

Das morgendliche Licht hat das Potenzial, weit mehr zu bewirken als uns aufzuwecken und uns beim Einschlafen zu helfen. Ein frühmorgendlicher Spaziergang kann auch unser Herz schützen. Eine aktuelle Studie legt nahe, dass helles Licht unsere kardiovaskuläre Gesundheit schützen und verbessern kann, indem es ein bestimmtes Gen anregt, welches die Blutgefäße stärkt und das Risiko eines Herzinfarkts verringert. Wissenschaftler hatten bereits einen Zusammenhang zwischen Licht und Herzkrankheiten entdeckt und festgestellt, dass Herzinfarkte in den Wintermonaten häufiger vorkommen. Doch diese Studie enthüllte etwas Faszinierendes: Teilnehmer, die an fünf aufeinanderfolgenden Tagen 30 Minuten lang zwischen 8:30 und 9 Uhr intensivem Licht ausgesetzt waren, wiesen erhöhte Werte eines Proteins namens PER2 auf. PER2 ist entscheidend für die Einstellung des zirkadianen Rhythmus, die Verbesserung des Stoffwechsels und die Stärkung der Blutgefäße.

 

In diesen Experimenten betrug die Lichtintensität 10.000 Lumen. Zum Vergleich: Das Tageslicht in Europa schwankt zwischen 1.000 und 100.000 Lumen, je nach Tages- und Jahreszeit, Breitengrad und Standort sowie der Bewölkung. Ein typischer halbbewölkter britischer Morgen im Winter kann eine Spitzenlichtintensität von 16.000 Lumen erreichen. Im Sommer steigt diese auf etwa 70.000 Lumen. Kein Fitnessstudio in einer Halle kann da mithalten (die durchschnittliche Lichtstärke in Innenräumen liegt bei etwa 500 Lumen). Auch ein Spaziergang am Fenster bringt nicht den gleichen Erfolg, da Glas einen Teil des UV-Lichts herausfiltert, das ebenfalls dazu beiträgt, unsere biologische Uhr zu stellen.

Nicht nur unser zirkadianer Rhythmus profitiert von einem morgendlichen Spaziergang. Eine Studie aus dem Jahr 2012 ergab, dass Frauen, die jeden Tag um 8 Uhr morgens einen 45-minütigen Spaziergang unternahmen, den Rest des Tages aktiver waren. Sie waren auch weniger empfänglich für Bilder von Lebensmitteln. Dies war einer der ersten Berichte, in denen festgestellt wurde, dass Bewegung uns Energie gibt und gleichzeitig erstaunlicherweise unseren Appetit zügelt. Einige Forscher gehen heute davon aus, dass wir nach dem Sport weniger essen, weil die zügige Bewegung unsere Körpertemperatur erhöht und dadurch Neuronen im Hypothalamus aktiviert werden, die uns helfen, die Nahrungsaufnahme zu kontrollieren.